Geschlecht und Technik. Körpertechnologien zwischen Befreiungsutopie und Herrschaftsreproduktion
Technik galt in der ‚ersten Welle’ der Frauenbewegungen um 1900 oft als
Materialisierung einer ‚männlich’ konotierten instrumentellen Herrschafts-Rationalität, die in ihrer Einseitigkeit kritisiert und durch eine diametral entgegengesetzt konzipierte ‚weibliche Kultur’ (‚Harmonie’, ‚Ganzheitlichkeit’, ‚Einfühlung’ etc.) ergänzt werden sollte. Die ‚zweite Welle’ der Frauenbewegungen und erst recht post- und queer-feministische Strömungen seit den 1980er Jahren zeigten dann ein deutlich positiveres Verhältnis zur technischen Naturbeherrschung: Reproduktionsmedizin und Körpertechnologien galten nun als Schrittmacher weiblicher Emanzipation oder gar als Medium der endgültigen Sprengung aller an vermeintliche Naturunterschiede geknüpften geschlechtlichen
Zwangsidentitäten und Hierarchien. Diese Technikeuphorie wird in
jüngsten Debatten – etwa zum ‚Social Freezing’ – wieder von Ängsten
konterkariert, in denen das Versprechen der Naturüberwindung einmal mehr
in die Drohung einer totalen Unterwerfung umschlägt, die noch die letzten und individuellsten Rückzugsbereiche ‚natürlichen’ Lebens und körperlicher Selbstbestimmung den Zwängen der Kapitalverwertung subsumiert.
Ausgehend von diesen offenkundig ambivalenten und widersprüchlichen Einschätzungen der Technik in den Geschlechterdiskursen will der Vortrag herausarbeiten, warum die befreienden und/oder unterdrückenden Wirkungen einer Technologie – auch und gerade in Fragen der Geschlechter(de)konstruktion – nicht von‚ der Technik’ selbst, sondern von den gesellschaftlichen Verhältnissen und Zweckbestimmungen ihrer Anwendung abhängt.
Dr. Tino Heim (TU Dresden)
Geschlecht und Technik. Körpertechnologien zwischen Befreiungsutopie und Herrschaftsreproduktion
Technik galt in der ‚ersten Welle’ der Frauenbewegungen um 1900 oft als Materialisierung einer ‚männlich’ konotierten instrumentellen Herrschafts-Rationalität, die in ihrer Einseitigkeit kritisiert und durch eine diametral entgegengesetzt konzipierte ‚weibliche Kultur’ (‚Harmonie’, ‚Ganzheitlichkeit’, ‚Einfühlung’ etc.) ergänzt werden sollte. Die ‚zweite Welle’ der Frauenbewegungen und erst recht post- und queer-feministische Strömungen seit den 1980er Jahren zeigten dann ein deutlich positiveres Verhältnis zur technischen Naturbeherrschung: Reproduktionsmedizin und Körpertechnologien galten nun als Schrittmacher weiblicher Emanzipation oder gar als Medium der endgültigen Sprengung aller an vermeintliche Naturunterschiede geknüpften geschlechtlichen Zwangsidentitäten und Hierarchien. Diese Technikeuphorie wird in jüngsten Debatten – etwa zum ‚Social Freezing’ – wieder von Ängsten konterkariert, in denen das Versprechen der Naturüberwindung einmal mehr in die Drohung einer totalen Unterwerfung umschlägt, die noch die letzten und individuellsten Rückzugsbereiche ‚natürlichen’ Lebens und körperlicher Selbstbestimmung den Zwängen der Kapitalverwertung subsumiert.
Ausgehend von diesen offenkundig ambivalenten und widersprüchlichen Einschätzungen der Technik in den Geschlechterdiskursen will der Vortrag herausarbeiten, warum die befreienden und/oder unterdrückenden Wirkungen einer Technologie – auch und gerade in Fragen der Geschlechter(de)konstruktion – nicht von‚ der Technik’ selbst, sondern von den gesellschaftlichen Verhältnissen und Zweckbestimmungen ihrer Anwendung abhängt.
Dr. Tino Heim (TU Dresden)